Das Märchen von der bösen Stiefmutter?
Wohl kaum eine Rolle ist so negativ besetzt wie die der Stiefmutter. Die märchenhaften Erzählungen der Gebrüder Grimm haben sich tief in unser Bewusstsein gebrannt. Aber gibt es auch die "Stiefmutter in gut"? Dirk Artes, Markus Bechtold und Nils Husmann haben eine ganz besondere Stiefmutter besucht.
Böse. Hartherzig. Skrupellos.
Aschenputtel ist nur eines von vielen Märchen, das unser Bild von der Stiefmutter geprägt hat. Und Aschenputtels Stiefmutter ist vor allem eines - sie ist sehr, sehr böse.
Die Gebrüder Grimm haben 200 Kinder- und Hausmärchen geschrieben. In 13 dieser Märchen kommt die böse Stiefmutter vor. Den Lesern muss die hartherzige Figur offenbar gefallen haben: Die Mutter aus "Hänsel und Gretel" etwa wurde erst in späteren Auflagen von der leiblichen Mutter zur Stiefmutter.
Das ist Katharina Grünewald.
Sie ist beides - leibliche Mutter und Stiefmutter. Wer sie fragt, wie viele Kinder sie hat, bekommt zur Antwort: "zwei bis vier".
Das sind die Grünewalds.
Katharina Grünewald, Jahrgang 1970, mit drei ihrer vier Kinder: Links sitzt ihre Stieftochter Karola, 15. Deren älterer Bruder Moritz studiert schon und ist nicht zu Hause. Aber ihre Halbbrüder Matthias, 12, und Philipp, neun Jahre alt, sind da. Gerade haben alle zusammen gefrühstückt. Vater Stephan Grünewald, Jahrgang 1960, natürlich auch.
Frau Grünewald,... ...was haben Sie früher, als Sie ein Kind waren, gedacht, wenn Sie das Wort "Stiefmutter" hörten?
Gut zu wissen! Grünewalds sind nicht allein.
In Deutschland gibt es etwas mehr als acht Millionen Familien, in denen minderjährige Kinder leben. Jede
zehnte davon ist eine Stieffamilie. Hinter diesen Zahlen verbergen sich viele Geschichten: 1,3 Millionen Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren leben hierzulande in einer Stieffamilie. Ganz schön viele!
Frau Grünewald,... ...welche Blicke, welche Kommentare von Außenstehenden stören Sie?
Neues Wort - alte Rolle? Die Patchworkers
Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend hat das Phänomen "Patchworkfamilie" näher untersucht - und dabei besonders auf die Kinder geschaut: Im Vergleich zu Kernfamilien ist das Klima in Patchworkfamilien nicht besser oder schlechter, wenn Papa eine neue Frau hat. Oder wenn Mama einen neuen Mann kennenlernt und mit ihm zusammenzieht. Aber es gibt einen Unterschied: Wie eine Mutter wohl "zu sein hat" - das ist für die Stiefmutter eine offene Frage. Und eine Entdeckungsreise.
Frau Grünewald,... ...fühlen Sie sich manchmal in Ihrer Rolle als Stiefmutter überfordert?
Gut zu wissen! Ganz schön „stiefig“
Woher kommt das Wort Stiefmutter, Stiefvater? Die Vorsilbe „Stief“ hat ihren Ursprung im Althochdeutschen; dort stand sie für „hinterbliebene", „verwaist".
Das Wort macht Sinn: Denn das „Stief"-Elternteil ersetzt ein fehlendes Elternteil. Besser gesagt: Der Begriff machte Sinn. Denn anders als früher leben der leibliche Vater, die leibliche Mutter heute oft noch, wenn sich eine „Stieffamilie" bildet. Da klingt „Patchwork" wirklich freundlicher, offener, lebendiger.
Stephan Grünewald, Mitbegründer des Rheingold-Instituts Und warum reden alle so oft von der Patchworkfamilie?
Gut zu wissen! Bis dass der Tod Euch scheidet?
Von wegen! Die Hälfte der Patchworkfamilien zerbricht wieder - und bringt so immer neue hervor.
Auch das ist Frau Grünewald
Die Patchworker müssen sich zurechtfinden. Katharina Grünewald hilft ihnen dabei. Sie ist nicht nur Stiefmutter - sie ist auch Diplom-Psychologin. In Köln betreibt sie eine Praxis, in der sie ihr eigenes Beratungskonzept für Patchworkfamilien umsetzt und Mütter, Väter, Paare und Familien berät. Sie hat wertvolle Tipps!
Diplom-Psychologin Katharina Grünewald Wie blickt die Gesellschaft heute auf Stiefmütter?
Märchenhafte Zitate „Als sie Schneewittchen wie tot am Boden liegen sahen, hatten sie gleich die böse Stiefmutter im Verdacht.“ Aus „Schneewittchen“ von den Brüdern Grimm
Diplom-Psychologin Katharina Grünewald Gibt es typische Fallen, in die Stiefmütter stolpern?
Märchenhafte Zitate „Die böse Stiefmutter aber ward verbrannt.“ Aus „Brüderchen und Schwesterchen“
Diplom-Psychologin Katharina Grünewald Kann die Stiefmutter eigentlich alles nur falsch machen?
Märchenhafte Zitate „Sie hatte aber die Faule viel lieber als die Fleißige.“ aus „Frau Holle" von den Brüdern Grimm
Märchenhafte Zitate „Was macht der garstige Unnütz in den Stuben, sagte die Stiefmutter, fort mit ihr in die Küche.“ Aus „Aschenputtel“ von den Brüdern Grimm
Diplom-Psychologin Katharina Grünewald Wie schafft eine Frau es, eine gute Stiefmutter zu sein?
Danke an Familie Grünewald!
© 2015
Redaktion & Produktion:
Dirk Artes, chrismon
Markus Bechtold, evangelisch.de
Nils Husmann, chrismon
http://www.chrismon.de
Fotos: Monika (imagicallery.blogspot.de)
photocase; raperonzolo | photocase.de
Filmlizenz: Progress Film-Verleih GmbH, Berlin
„Glückliche Stiefmutter“, das Buch von Katharina Grünewald, ist im Verlag Kreuz erschienen
und kostet 14,99 Euro.
Im Internet finden Sie Frau Grünewald unterhttp://patchworkfamilien.com